Wann und wieso hast du mit Aikido begonnen?

Ich habe mit 16 Jahren in La Chaux-de-Fonds mit Aikido begonnen. Grundsätzlich war ich davon fasziniert, was Aikido an Vielfalt (Waffenlos, Jo, Bokken) anbot im Vergleich zum Judo und Karate.
Ich habe damals auch das Glück gehabt Sensei Ikeda (dessen Prüfungsprogramm wir heute ja bei uns haben) kennenzulernen. Er gab damals einen Lehrgang in La Chaux-de-Fonds und er hatte zuvor mehrere Trainings in unserem Dojo gegeben. Zudem durfte ich ihn dann jeweils alleine durch die Stadt zum Bahnhof begleiten und konnte mit ihm über alles mögliche sprechen.
Ich habe aber nach knapp 9 Monaten das Aikido dann wieder aufgegeben, weil es mir damals zu wenig aktiv war. In der Zwischenzeit habe ich aber gelernt, dass es nicht am Aikido lag sondern an meiner Ungeduld und an meinem jungen Alter und speziell an meinen Erwartungen schnell vorwärts zu kommen. Heute weiss ich, nur wer Geduld hat und dabei bleibt kommt auch vorwärts und wird dann bald schon mal ein sehr herausforderndes und anstrengendes Training als Fortgeschrittener erleben.


Du machst ja noch Karate nebenbei, was ist besser?
Ja ich mache seit bald 25 Jahren Karate, im Vergleich mit Aikido, welches ich erst seit 2010 bei Thomas und Sandra wieder begonnen habe natürlich doch schon deutlich länger.
Besser ist keines von beiden, denn darum geht es auch nicht. Ich müsste hier ja zurückfragen und zwar «Besser für was?». Wichtig zu verstehen ist dass es sich ideal ergänzt und mir auf beiden Seiten Vorteile bringt da ich mittlerweile auch auf einem Niveau bin auf welchem ich es gut kombinieren kann. Es geht nicht darum was besser ist sondern was besser gefällt und auch liegt. Mir gefällt beides und ich opfere meine Zeit damit ich beides ausüben kann, aber jedes für sich ist eigentlich schon eine vollständige Kampfkunst und herausfordernd genug.
Was ich auch in der Zwischenzeit gelernt habe ist das die unterschiedlichen Kampfsportarten sehr oft auch nur spezifische Aspekte des Kampfs abdecken und oft auch so geschult werden. Bei Thomas und Sandra werden aber nicht nur die typischen Aspekte des Aikidos geschult, sondern der Horizont wird hier weit darüber geöffnet und ganzheitlich unterrichtet und somit das Training sehr abwechslungsreich und interessant gestaltet.
 
Warum strebst du nach höheren Graden?
Ich strebe nicht nach höheren Graden sondern ich strebe danach "Lernen". Man lernt sicherlich auch einiges ohne Prüfungen abzulegen, aber durch den Druck einer Prüfung wird auch sofort die Lernbereitschaft gesteigert und die Aufnahme all dieser Informationen gefördert. Ziel ist es immer weiter zu lernen und nicht einzig nur einen weiteren Dan zu erreichen, denn wir sprechen hier ja von Randsportarten in welchen nur die Wenigsten Geld verdienen und davon leben können. Andererseits führe ich ja die Aikidoschule Lyss und in diesem Kontext ist es für die Kunden sicherlich ein Qualitätsargument einen Lehrer mit einem höheren Dan zu sehen.
 
Was gefällt dir am meisten im Aikido?
Also generell eigentlich das "Bewegen im Raum», die Ästhetik und Schönheit der Techniken und der Umgang mit der Energie. Zu Beginn mit Aikido hatte ich noch so Mühe mit dem esoterisch angehauchten Begriff «Energie» aber mittlerweile weiss ich dass hier die Angriffsenergie von Uke und ganz speziell natürlich die Angriffsrichtung gemeint ist welche im Aikido zu Gunsten von Tori umgelenkt und meist gegen Uke umgekehrt wird. Und diese Energie spürt man und mit dieser wird ja gearbeitet.
 
Was findest du am schwierigsten im Aikido?
Anders als in anderen Kampfsportarten ohne diese grosse Abhängigkeit mit der Angriffsenergie, ist im Aikido genau dies dies Schwierigkeit, da jeder Uke wirklich ganz anders ist und im Aikido viel mehr auf diese Gegebenheiten eingegangen werden muss. Dies ist wohl auch der Grund wieso die Aikido-Ausbildung viel mehr Erfahrung mit der Praxis verlangt, damit man auch genügend Zeit hat diese Erfahrungen mit kleinen, grossen, starken, weniger starken, schnellen, langsamen, usw. auch sammeln kann. Die Abhängigkeit zum Uke um eine schöne Technik zeigen zu können ist sehr herausfordernd, aber nicht immer einfach und genau das macht es auch spannend und wertvoll mit all diesen Facetten Erfahrungen sammeln zu können.
 
Wieso gibst du Trainings anstatt nur Trainings zu geniessen?
Das Weitergeben von Knowhow an andere hat mir schon immer gut gelegen. Ich finde es absolut bereichernd zu sehen wie jemand so komplexe Techniken umsetzen kann wenn man es ihm richtig und stufengerecht erklären kann. Das  «richtig» und «stufengerecht» ist aber nicht einfach und bedingt das man sich selber sehr intensiv mit der Technik befasst. Genau dort ist auch das zweite positive am Weitergeben, nämlich das dies auch dazu führt das man permanent selber besser wird durch das Lehren. So kann ich zum Teil auch die Trainings mit Thomas und Sandra, die ich aus Zeitgründen nicht mehr so oft besuchen kann, etwas kompensieren.
 
Wie findest du den «Cercle Aikido»?
Ich finde es eine super Sache für alle. Ohne Mehrkosten in den diversen Dojos trainieren zu können ist einerseits sehr aktuell und modern und andererseits eine gute Möglichkeit die super Stimmung die Thomas und Sandra schon immer verbreitet haben noch weiter zu streuen. Sie haben ja vor kurzem ein Jubiläum gefeiert mit der Gründung ihrer ersten Schule und ich kann ihnen nur danken und gratulieren für ihre super Arbeit als Sensei. Sowohl technisch wie auch menschlich kann ich mir kaum etwas besseres vorstellen und dies ist auch ein Grund wieso ich nun schon seit 2010 bei ihnen geblieben bin.

Wann hast du mit Kampfsport begonnen?
Nachdem es damals ein Pannini-Album über Kampfsport gab und ich alle Kleber gesammelt hatte bekam ich das Kampfsportfieber. Ich habe danach mit etwa 10 Jahren mit Judo angefangen. Ich wollte eigentlich mit Karate beginnen, aber da damals noch "Fullkontakt" Karate ausgeübt wurde, durften Kinder noch nicht teilnehmen. 
Leider gab es damals für Kinder noch kaum etwas anderes als Judo.


 

Vielen Dank Claudio für das Interview und die tollen Trainings, die du immer mit viel Energie und grossem Fachwissen leitest.